Bauernhausmuseum Bielefeld
Fotos: Stadtarchiv und Landesgeschichtliche Bibliothek
Bauernhausmuseum, Dornberger Str. 82, 1960 und Blick in die Wohndiele
„dat Flett“, 1927
Der 6. Juni 1917, an dem
die Einweihung des von Ummeln überführten und an der
Dornberger Straße neu aufgerichteten Bauernhauses stattfand,
war ein wichtiger Tag für den Historischen Verein: brachte er
ihm doch die Erfüllung jahrelang gehegter Hoffnungen und
Wünsche. Nachdem Professor Dr. W. Engels die erste Anregung
gegeben hatte, wurde bereits am 21. Februar 1907 der Bauernhausplan
im Protokollbuch des Vereins erwähnt. Damals hoffte man, in zwei
Jahren am Ziel zu sein.
1909 wurde die dreihundertjährige
Zugehörigkeit der Grafschaft Ravensberg zum Staate der
Hohenzollern gefeiert. In der Hauptversammlung des Historischen
Vereins vom 7. März 1907 wurde als eins der hierfür zu
verfolgenden Ziele der Bau eines altravensberger Bauernhauses auf
städtischem Gebiet festgesetzt. Aber ein anderer Plan verdrängte
das Vorhaben: die Stiftung des Leineweberbrunnens. Anlass für
die Einweihung des Bauernhausmuseums sollte dann die Feier des
700jährigen Bestehens der Stadt werden. Wegen des Krieges fand
1915 jedoch keine Feier statt.
Am
21. Januar 1914 bewilligte die Stadtverordnetenversammlung einstimmig
13.500 Mark, ferner wurde vorgesehen, dass die Stadt einen geeigneten
Platz zur Verfügung stellte und das Haus in seine Verwaltung
nahm. Später wurden noch 4.500 Mark von der Stadt nachbewilligt.
2.000 Mark spendete der Minden-Ravensbergische Hauptverein für
Heimatschutz und Denkmalpflege und 4.000 Mark wurden innerhalb der
Bürgerschaft durch Sammlungen aufgebracht. Der Restbetrag sollte
von der Provinz übernommen werden. Es erfolgte dann während
des Krieges der Abbau des Hauses des Meier zu Ummeln und der
Wiederaufbau an der Dornberger Straße unter der Leitung des
Architekten Herzbruch. Anfang April 1915 wurde mit dem Abbau in
Ummeln begonnen und ab Mitte Juni 1915 das Bauernhaus auf vollständig
neuen Grundmauern neu gerichtet. Vom Herbst 1915 ab konnten die
weiteren Arbeiten nur langsam gefördert werden, aus Mangel an
Arbeitskräften.
Zur Eröffnung konnte das Bauernhaus nur
notdürftig mit vorhandenen Möbeln und Geräten aus
Beständen des städtischen Museums ausgestattet werden.
Durch Aufrufe in den Tageszeitungen wurde nach Spendern von Möbeln,
Wirtschaftsgeräten und Gebrauchsgegenständen gesucht. Nach
Möglichkeit sollte bei dem Haus der Museumseindruck vermieden
werden. Es sollte so aussehen, als wäre es noch in
Gebrauch.
Weitere Informationen u. a.:
31.
Jahresbericht des Historischen Vereins für die Grafschaft
Ravensberg von 1917 und Ravensberger Blätter, Heft 2, Dezember
1997.
Ein Raub der Flammen
Das Bauernhausmuseum
Mit einem „appetitanregenden
Auftakt“ eröffnete am 6. Mai 1995 das Bauernhausmuseum die
neue Saison. Mitglieder des Heimatvereins Gadderbaums backten
Zwiebelbrot und schmierten Schmalzschnitten, sorgten mit
Frühjahrssingen, plattdeutschen Geschichten und Volkstänzen
für Unterhaltung. Die Stadt hatte sich mit dem ältesten
Freilichtmuseum Westfalens für die neue Saison viel vorgenommen.
An fast jedem Wochenende sollte den Besuchern, man erwartete mehr als
20.000, ein breites Programm geboten werden. Doch es kam anders.
In
der Nacht vom 22. auf den 23. Mai ging gegen 23.30 Uhr bei der
Feuerwehr ein Alarmruf ein. Als die Feuerwehrmänner den Brandort
erreichten, stand das Haupthaus des Bauernhausmuseums, der aus dem
17. Jahrhundert stammende Hof Meier zu Ummeln, in Flammen. Aufgrund
der hohen Hitzeentwicklung fing auch der benachbarte Spieker Feuer.
Während beim Spieker der Dachstuhl und das erste Stockwerk
zerstört wurden, brannte der Meierhof bis auf die Grundmauern
nieder. Unwiederbringlich verloren ging eine volkskundliche Sammlung
von unschätzbarem Wert: Möbel, Trachten und Schmuck aus dem
Ravensberger Land. Ein Stück Bielefeld sei vernichtet worden,
titelte die Presse am folgenden Tag.
Die Brandursache blieb
ungeklärt. Der fehlende Feuermelder löste allerdings eine
wochenlange Diskussion aus, ob die Katastrophe hätte verhindert
oder zumindest in ihrem Ausmaß begrenzt werden können.
Überhaupt zeigte sich bereits in der Unglücksnacht, wie
sehr sich die Menschen mit der Museumsanlage auf der Ochsenheide
verbunden fühlten. Viele waren fassungslos, weinten, Kinder
spendeten ihr Taschengeld und die meisten waren sich einig, dass sie
auf das Bauernhausmuseum nicht verzichten wollten. Wenige Stunden
nach der Katastrophe erklärte Oberbürgermeisterin Dopheide,
dass die Stadt entschlossen sei, das Museum wieder aufzubauen.
Dieses
Bekenntnis war notwendig, wurden doch schon bald Stimmen laut, die
Museumsanlage stillzulegen, Geld für den Aufbau einzusparen und
das Gelände der Ochsenheide einzuverleiben. Doch diese Meinung
hatte kaum eine Chance, mehrheitsfähig zu sein. Zu groß
war die Empörung. Schwieriger stellte sich dagegen die
Diskussion dar, wie das Museum wieder aufgebaut werden sollte. Neue
Standorte, wie der Hof Meier zu Jöllenbeck oder das idyllische
Gelände rund um den Hof Höner zu Jerrendorf, wurden
vorgeschlagen, aber bald wieder verworfen. Grundlegender war die
Diskussion, ob der Meierhof originalgetreu nachgebaut oder ein altes
Bauernhaus umgesetzt werden sollte. Die entsprechenden Begriffe
„Rekonstruktion“ und „Translozierung“ waren
in aller Munde. Die Entscheidung wurde letztlich zugunsten der von
den Museumsfachleuten bevorzugten Translozierung getroffen, als die
Gesellschaft für Arbeits- und Berufsförderung (GAB) mit dem
Mölleringhof aus Rödinghausen ein passendes Gebäude
anbot. Gleichsam bildete die GAB mit dem Historischen Verein für
die Grafschaft Ravensberg eine gemeinnützige Trägergesellschaft
mit dem Ziel, das Museum aufzubauen und zu betreiben.
Die Stadt
trug mit den Versicherungsgeldern die Baukosten und sagte eine
jährliche Beteiligung an den Betriebskosten in Höhe von
100.000 Mark zu, die GAB stellte Arbeitskräfte und der
Historische Verein erarbeitete mit Unterstützung der Stadt ein
neues Konzept für das Freilichtmuseum. Am 28. August 1999 hatten
die Bielefelder ihr Bauernhausmuseum endlich wieder. Der
Besucherandrang zeigt, dass auch die neue Museumsanlage von den
Menschen sehr gut angenommen wird.
Artikel von Bernd J. Wagner aus dem Buch: "Das war das 20. Jahrhundert in Bielefeld", Wartberg-Verlag, 2001
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